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Neapel – Chaos, Dreck und wahre Schönheit

„Il futuro non e‘ scritto“ heißt es auf einer Häuserwand mitten in deinem Herzen. Ich hoffe sehr, dass es stimmt – dass deine Zukunft noch ungeschrieben ist. Dass du irgendwann wieder erstrahlst im Glanz vergangener Tage. Heute ist das nur schwer vorstellbar. Neapel, Du bist nicht heruntergekommen, nein, du bist die Definition von Heruntergekommen!

Dabei bist du gleichzeitig so wunderschön. Einst warst du eine der reichsten und größten Städte Europas. Heute bist du nicht mehr reich, und deine Schönheit bröckelt. Schönes, armes Neapel. Niemand kümmert sich um dich, niemand investiert in diese vielen kleinen Kirchen, die Statuen auf den vielen Piazzi, die gewaltigen Palazzi, diese zerfallende Pracht. Nein, das ist keine Patina – das ist eine Ruinenlandschaft. Und nebenbei Weltkulturerbe. Und wir wohnen mittendrin, für drei Tage. In diesem Palazzo am Rande der Altstadt, vor dem uns der Taxifahrer ausgesetzt hat. Fast hätten wir uns nicht getraut zu klingeln, an diesem riesigen dunklen Metallgitter zu diesem dreckigen Innenhof. Doch die Wohnung, in der wir ein Zimmer beziehen, mit ihren fünf Meter hohen Decken und einer alten Bibliothek mit Galerie, lässt erahnen wie gut man hier wohnen kann. Von so einer Wohnung kann man in München nur träumen. Und langsam entdecken wir sie auch in deinen Straßen, deine frühere Schönheit. Sie ist einer neuen Art von Schönheit gewichen. Einer Schönheit die sich erst auf den zweiten Blick offenbart: zwischen dreckigen alten Fassaden, baufälligen, mit Unkraut überwucherten Balkonen und dunklen Innenhöfen spielt sich das Leben deiner Einwohner ab. Wenig ist für die Touristen herausgeputzt, denn es gibt nur wenige Touristen, und die fahren lieber raus nach Pompeji. Viele lassen sich vielleicht vom Dreck, knatternden Motorrollern, tobenden Straßenkindern und Geschichten über die Mafia abschrecken. Wir nicht. Wir wissen jetzt, all das gehört zu dir. Es ist dein Charakter. Genauso wie die vielen freundlichen Menschen, die Mischung aus Chaos und Entspanntheit, die atemberaubenden Stadtperspektiven und Farben. Wir kommen bald wieder. Gute Besserung, Neapel.

 

  • Anreise: Flug ab München: 1:40 Stunden, Taxi vom Flughafen in die Innenstadt: 20,- Euro
  • Übernachtung: B&B Palazzo Magnocavallo
  • Essen (glutenfrei, senza glutine): Ristorante Tandem (Vegetarisches Ragu), Valù (Vegetarisches Risotto), Pizzeria Sorbillo (Via dei Tribunali 38, drei Häuser weiter in einer gleichnamigen Pizzeria wurde angeblich die Pizza erfunden – leider aber dort nicht glutenfrei)
  • Kaffee trinken und abhängen: Piazza Bellini
  • Strand: Lieber außerhalb
  • Weiterreisen: Capri, Amalfi-Küste

Und das Beste am Schluss: Danke, Neapel, dass ich endlich Teil eines De Chirico sein darf.

Napoli 14
Im Geiste von Giorgio de Chirico
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